Dienstag, 19. November 2013

Wir glauben... ?!

Wenn ich unser Pfarrblatt lese, dann bin ich meistens ein wenig erstaunt - aber auch ein wenig belustigt.

Wenn ich unseren Ort nach den Artikeln in diesem Blatt beurteile sind wir alle nicht gläubig und schlechte Christen (bis auf wenige Ausnahmen natürlich)
Gerne wäre ich einmal ein kleines Mäuschen bei einer Pfarrgemeinderatssitzung um einfach nur mal zu hören, was da so besprochen wird.

Ich möchte nun einmal einen Vergleich wagen:

Michael und ich haben vor einigen Jahren die Firma seines Vaters übernommen. Da war ein Kundenstock da und auch ein Ruf, den sich Michaels Vater lange Jahre über aufgebaut hat.
Nun liegt es also seit ein paar Jahren in unserer Hand diesen Betrieb aufrecht zu erhalten, neue Kunden zu werben, alte Kunden weiterhin zufrieden zu stellen und Mitarbeiter zu führen.
Ich denke, derzeit gelingt es uns ganz gut - erfordert aber auch ein Menge Arbeit! Oft steht Michael schon sehr früh am Morgen auf um im Büro in aller Ruhe Angebote zu schreiben, Zeichnungen zu machen und sonstige anfallende Arbeiten zu erledigen, bevor das Telefon wieder läutet und seine Arbeiter um Rat fragen.
Auch ich opfere manchmal meinen "freien" Tag um in Ruhe Buchhaltung zu machen, gelingt es doch besser, wenn nicht dauernd das Telefon läutet.
Wir sind also daran interessiert uns ständig weiter zu entwickeln, auf unsere Kunden einzugehen und uns anzupassen.
Dazu gehört auch eine gute Mitarbeiterführung, klare Anweisungen und auch mal Mitarbeit.

Ich gebe zu, Kirche ist keine Firma... aber man kann es durchaus ein wenig vergleichen.
So bin ich also der Meinung, dass auch ein Priester in einer Pfarre seinen Beitrag leisten muss um diese "Firma" aufrecht zu erhalten.
Ich kann mich nicht ständig beklagen, dass keine "Kunden" kommen aber trotzdem nicht darüber nachdenken, WARUM das so ist!

Ach - machen wir doch so weiter wie bisher - dieses ungläubige Volk lässt sich einfach nicht bekehren.

Ich sehe das anders! Ich weiß, dass hier in meinem Ort viele gläubige Menschen sind. Zum Teil gehen sie einfach in andere Kirchen, da man da mehr von einem Gottesdienst mit nach Hause nimmt, zum Teil gehen sie natürlich auch gar nicht, weil sie dieser Gottesdienst hier nicht anspricht.

Vor über vier Jahren habe ich es übernommen, die Familienmessen zu gestalten. Am Anfang natürlich noch sehr zaghaft und sehr unerfahren.
Inzwischen gelingt es mir, denke ich, schon ganz gut. Ich habe gelernt auf die Sonntagsleseordnung Bezug zu nehmen, finde mich meist auch schon mit den Liedern gut zurecht.
Damals, als ich das Gespräch darüber hatte, dass ich das gerne mit den Kindern machen möchte, kam sofort ein Einwand von unserem Pfarrer: "Das haben schon so viele versucht und haben dann wieder aufgegeben!"
Bis jetzt habe ich noch nicht aufgegeben. Das liegt aber einfach auch daran, dass ich die Arbeit mit den Kindern so liebe. Es liegt an der Begeisterung der Kinder, die mich immer weitermachen lässt. An der Begeisterung für Gott, für die Kirche, für die Gemeinschaft.

Leider ist es so, dass der Herr Pfarrer und auch einige Mitglieder des Pfarrgemeinderates diese Begeisterung nie miterleben können. Weil sie kein Interesse daran haben? Oder keine Lust an ihrem FREIEN Tag einen Besuch bei uns zu machen?
Weil sie das was wir entwerfen und vorbereiten nur kurz vor der Messe überfliegen um eventuell nicht den Faden zu verlieren bei der Messe - was aber doch auch öfter passiert.

Ein wenig gefrustet ist man da schon, wenn man ein Monat vorher den Entwurf der Messe schickt und bittet, diesen durchzulesen, etwaige Fehler zu korrigieren, Liederwünsche einzufügen oder auch mal darauf hinzuweisen, dass ein Lied fehlt.
Leider passiert das nur sehr selten.
Bis jetzt habe ich nicht aufgegeben, ich weiß aber, dass das nicht mehr lange so sein wird, wenn sich nicht etwas ändert.
Ich möchte nicht dauernd hören: "Da habe ich meinen freien Tag - das geht auf gar keinen Fall!"
Mein freier Tag ist nämlich der Sonntag und auch ich bin bereit, an diesem freien Tag etwas zu tun.
Manchmal muss man einfach aus dem niedergetretenen Pfad heraus treten - vielleicht ist der Pfad einfach schon so tief, dass man darin versinkt und die weite des Feldes nicht mehr sieht und vielleicht auch nicht sieht, dass woanders auch ein Weg ist.

Ich hoffe, dass hier in dieser Pfarre bald jemand den Weg ändert und sich Zeit nimmt, Zeit für die Kinder, Zeit für die Gläubigen hier im Ort, Zeit für Gespräche mit Leuten, die vielleicht den Glauben verloren haben.
Auch ich war mal in dieser Situation, bin aus der Kirche ausgetreten, habe das genau dokumentiert, warum ich ausgetreten bin. Das wurde auch damals im Pfarrgemeinderat besprochen, aber MICH - MICH hat keiner darauf angesprochen - es hat keiner das Gespräch gesucht!
Sich Zeit nimmt für die Kinder, sie beim Sternsingen und ratschen begleitet, ihre Namen kennt...
Vielleicht wäre das wichtig!

Man sollte sich nicht nur Zeit für "Fluchtwege, Budgetplanungen, Reparaturen" und so nehmen - sondern auch für den Menschen!! Denn darum, geht es eigentlich in unserem Glauben!

2 Kommentare:

Bernadette hat gesagt…

Bravo!
Genauso denke ich darüber. Ich finde, du solltest das in der Pfarrzeitung veröffentlichen - ich bin sicher, damit sprichst du vielen aus dem Herzen!
Würde mich mal interessieren, ob die Herren und Damen der Pfarrgemeinde den Mut und die Größe haben, das abzudrucken...
Also mit uns haben sie jedenfalls gleich vier Mitglieder auf einen Schlag verloren, aus eben diesen Gründen. Und wir sind bestimmt nicht die einzigen.
LG

Sonnenanbeterin hat gesagt…

Ja Bernadette,

ich habe das eh auch an die Mitglieder des Pfarrgemeinderates und auch an Tomo persönlich geschickt.

Nachdem man in persönlichen Gesprächen nicht viel erreich, hab ich es auf diesem Weg versucht - mal sehen ob es ankommt.. :-)

Danke auf alle Fälle für Dein Feedback!