Montag, 22. März 2010

Angst

sie hat sich in mir festgekrallt; hat ihre Hand fest um meine Gedanken geschlossen und lässt nicht mehr los.
Ich weiß, schön langsam ist es leidlich dieses Thema. Aber wer es nicht hat, kann es nicht verstehen.

Die Angst kontrolliert mich, sie lässt meine Beine schwer werden, lässt meinen Magen zusammenkrampfen und ist in meinen Gedanken. Die kleinste Unsicherheit lässt mich nachdenken und verzweifeln, ich möchte weinen, aber es kommen keine Tränen. Meine Hände zittern.
Krampfhaft versuche ich, mich abzulenken. Spiele mit meinen Kindern, widme mich meinem Garten, aber sie lässt nicht locker. Sie sitzt tief, holt meine schlechtes Gewissen hervor, führt mir vor Augen was ich getan und gedacht habe, jetzt, früher - wann auch immer.. Sie sagt zu mir, es kann nicht sein, dass du ein glückliches unbeschwertes Leben führst. Es kann nicht sein, dass deine Kinder einfach gesund sind.
Ich dachte, es wird besser wenn der Frühling kommt. Aber nein - mein Paulchen ist krank, er hat eine Mandelentzündung und einen Ausschlag - einen nicht definierbaren Ausschlag. Was auch immer es ist, es macht mir Angst. Es macht mir Angst, wenn er sich am Nachmittag einfach in sein Bett legt und schläft, weil er krank ist. Meine Angst holt sofort die schlimmsten Szenarien in meinen Kopf. Er könnte schwer krank sein. Was ist dieser Ausschlag? Krebs? Leukämie?
Warum denke ich so? Ich habe Angst vor der Angst, immer wieder Angst, dass sie wiederkommt und meine Gedanken lähmt.
Ich möchte so gar nicht denken. Ich versuche dann, mir vor Augen zu führen, dass viele Kinder immer wieder mal krank sind, und "nichts" haben.
Warum kann ich das nicht einfach hinnehmen? Es ist wie ein Kreislauf, ich denke, ich darf nichts Schlimmes denken, was man denkt, passiert irgendwann.. aber wie kann ich aufhören daran zu denken? Wie kann ich mich wieder beruhigen..
Ich weiß, wann es besser wird. Es wird besser, wenn Paul gesund ist, wenn sein Ausschlag weg ist und ich weiß, es ist nichts Schlimmes gewesen. Aber bis dahin? Ich denke, ob ich eine Hautarzt aufsuchen soll, ob ich ihm Blut abnehmen lassen soll. Aber ich darf ihm das nicht antun. So lange kein Arzt sagt, das muss untersucht werden, darf ich gar nicht darüber nachdenken.
Ich darf meine Kinder und meine Familie nicht in diese Welt hineinziehen.

Es reicht, wenn ich so bin. Ich muss sie nicht für ihr Leben ängstigen.

Ich weiß, nach einigen Therapien, woher sie kommt. Sie ist tief begraben in mir, in meiner Vergangenheit. Früher hat sie nur mich betroffen. Seit Sarah betrifft sie auch meine Kinder, meinen Mann, meine Schwestern. Ich darf nichts lesen, über Tod, Krankheit; Sobald jemand sagt, er - sie - du - siehst schlecht aus - rasen meine Gedanken.. Warum ist das so? Was ist los?
Bei Sarah hab ich mir noch keine Gedanken gemacht - am Anfang, als Oma meinte, sie hebt ihren Kopf nicht, es stimmt etwas nicht.. Oma, sie ist noch kein Monat alt, es ist alles in Ordnung. Dann kamen auch in mir Zweifel, ich habe andere Kinder beobachtet und habe Angst bekommen. Ich war beim Hausarzt - Andrea, es ist alles in Ordnung, sie ist halt einfach ruhig. Ich war bei Michaels Hausarzt - warten sie noch eine Woche, vielleicht hat sie irgendeinen Infekt und ist nur geschwächt. Dann im Spital - der Blick des Arztes und ich wusste es - es ist wirklich etwas nicht in Ordnung...

Seither ist sie wieder da. Mal mehr und mal weniger.. seit Herbst wieder mehr und ich möchte sie endlich los werden.
Ich möchte, dass sie verschwindet, ihre sieben Sachen nimmt und auszieht aus meinen Körper, aus meinem Geist, aus meinen Gedanken. Ich möchte dass sie geht und alles mitnimmt, ich möchte, dass sie nie mehr wieder kommt.
Und ich weiß, bis ich das erreicht habe, liegt noch ein langer schwerer Weg vor mir. Ich weiß, sie kann gehen - sie war ein ganzes Jahr lang nicht da! Ich weiß, wie es ist, wenn sie nicht da ist. Aber dafür muss ich an mir arbeiten, an meiner Vergangenheit, an meinem Gewissen. Ich muss alles aufrollen, tief in mich hineinblicken, mich fallen lassen und zulassen, dass jemand das Dunkle in mir erforscht, jemand von mir erfährt, was passiert ist. Und dann, dann lässt sie mich wieder los und verschwindet - und hoffentlich für immer!

Danke fürs zulesen, und für eure Gedanken, ich weiß, wie viele hier an mich denken und mir helfen wollen - aber helfen kann ich mir nur allein!

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